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Lebensnetze der Mobilität

Eine funktionstüchtige, lebenswerte Stadt braucht klar definierte Lebensadern, auf denen alle Verkehrsteilnehmer ungehindert vorankommen können.

Was macht ein Lebensnetz aus?

Ohne diese Verbindungen funktioniert unsere Stadt nicht: eine sinnvolle Verkehrspolitik stellt die Basisstrukturen der Verkehrsinfrastruktur außer Streit. Eine funktionstüchtige, lebenswerte Stadt braucht klar definierte Lebensadern.

Eine definierte Gebietseinheit – bspw. eine Stadt oder ein Bezirk – kann nicht isoliert betrachtet werden. Ebenso ist es nicht zielführend, dass diese Einheit eigenmächtige Entscheidungen trifft ohne Rücksicht auf die umliegenden Bereiche und die dort eintretenden Auswirkungen. Verkehrspolitik kann nur sinnvoll und effizient erfolgen, wenn gemeinsam an einem übergeordneten Ziel gearbeitet wird. Verkehrspolitische Entscheidungsträger agieren häufig ausschließlich im Interesse der eigenen Wählerschaft. Das führt dazu, dass übergeordnete Ziele oftmals nicht die Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung abdecken und dadurch die Umsetzung auf lokaler Ebene nicht mit diesen Zielen einhergeht.

Dazu bedarf es eines klaren Gesamtkonzepts. Es sollten Lebensnetze für die drei wichtigsten Verkehrsmittel – Öffentlicher Verkehr (ÖV), Fahrrad und motorisierter Verkehr (MIV) – festgelegt werden, welche mit ihren Hauptachsen auch ins Wiener Umland reichen.

Lebensnetze der Mobilität

Was macht „Lebensnetz“-Straßen aus?

Bestehende Gliederung des Straßenverkehrsnetzes nicht ausreichend

Eine funktionstüchtige, lebenswerte Stadt braucht klar definierte Lebensadern auf denen der motorisierte Verkehr gebündelt und weitestgehend frei und ungehindert fließen kann. Seit Jahren wird in Wien an unterschiedlichsten Stellen der Kfz-Verkehr beruhigt bzw. zurückgedrängt, ohne dabei ein klares Gesamtkonzept zu verfolgen. Folge dessen ist es essentiell, ein „Lebensnetz“ für den MIV zu definieren welches in Hauptachsen im Wiener Umland über geht. Dadurch können andere Bereiche vom Verkehr entlastet werden.

Lebensnetz-Straßen sollen grundsätzlich folgende Eigenschaften aufweisen:

  • Bedeutung als Ein- und Ausfahrtsstraße (direkte Verbindung, Zubringer zu hochrangigen Verkehrsachsen)
  • Funktion als innerstädtische, tangentiale Verbindungsachse (lokale oder bezirksübergreifende Straße, die den Kfz-Verkehr bündelt)
  • Zulässige Höchstgeschwindigkeit auf Straßen der Kategorie 1 in der Regel ≥ 50 km/h und Kategorie 2 ≥ 30 km/h
  • Ausreichende (Reserve-) Kapazitäten für fließenden Verkehr (auf Basis der aktuellen bzw. zu erwartenden Verkehrsstärken)

 

Das Wiener Straßenverkehrsnetz gliedert sich gemäß Verordnung des Gemeinderates betreffend Feststellung der Hauptstraßen und Nebenstraßen in Hauptstraßen A, Hauptstraßen B sowie in alle übrigen Straßen (Nebenstraßen). Bundesstraßen (Autobahnen und Schnellstraßen) sind dieser Verordnung ausgenommen. Die Funktion für den Kfz-Verkehr sowie die auf diesen Straßen abgewickelte Verkehrsleistung lässt sich daraus nicht festmachen.

Um die tatsächliche Wichtigkeit der einzelnen Straßen für den Kfz-Verkehr zu definieren und abzubilden, benötigt es eine detailliertere Betrachtung des Straßennetzes. Hauptstraßen B – die höchste Kategorie im Wiener Straßensystem – haben nicht allesamt die gleiche Funktion. Straßenzüge entlang der B1 (Wiental), der B17 (Triester Straße), der B221 (Gürtel) oder der B227 (Lände) haben eine deutlich höhere Bedeutung für den Kfz-Verkehr als die B16 (Favoritenstraße), die B222 oder die B229. Ebenso haben Hauptstraßen A unterschiedliche Wertigkeiten für den MIV, sodass hierbei ebenfalls nicht von einer Gleichwertigkeit bzw. pauschalierten Gliederung ausgegangen werden kann.

Zwei Kategorien von Lebensnetz-Straßen

Straßen innerhalb des Lebensnetzes müssen ihren Beitrag zur Leichtigkeit und Flüssigkeit des Kfz-Verkehrs erfüllen. Diese haben eine verstärkte Durchleit- und Sammelfunktion aufzuweisen. Aufgrund des gewährleisteten Verkehrsflusses wird Schleichverkehr abseits dieser definierten Routen verhindert. Das Lebensnetz selbst soll Reservekapazitäten aufweisen, um Verkehrsverlagerungen aufnehmen zu können.

Abgesehen vom hochrangigen Straßennetz wurde bei der Auswahl der Straßenzüge der Fokus darauf gelegt, dass alle Korridore bzw. Kordone hochrangige Einfahrtsrouten aufweisen und somit ein konzentrisches Netz mit mehreren innerstädtischen Tangentialen besteht. Diese sollen mittels entsprechender Adaptierungen der Verkehrslichtsignalanlagen beschleunigt sowie weitestgehend bevorrangt werden. Eine Trennung des Kfz-Verkehrs von anderen Verkehrsarten soll – insbesondere auf Routen des Kategorie 1 Netzes – weitestgehend umgesetzt werden. Dadurch soll eine effiziente und flüssige Abwicklung des Kfz-Verkehrs forciert werden.

Je nach Funktion und Bedeutung bzw. Verkehrsaufkommen sind zwei Kategorien von Lebensnetz-Straßen zu unterscheiden: Straßen, deren Hauptfunktion es ist, den Verkehr durch die Stadt zu leiten (Kategorie 1), und solche, deren Hauptfunktion die Verbindung zwischen Stadteilen und Anbindung zu Straßen der Kategorie 1 ist (Kategorie 2).

Verkehrsberuhigende Maßnahmen, wie Begegnungszonen, Wohnstraßen oder Fußgängerzonen, können nach sorgfältigen Überlegungen im sonstigen Straßennetz gesetzt werden. Politische Entscheidungsträger sollten sich dabei aber nicht über existierende verkehrstechnische Richtlinien und Vorschriften (RVS) hinwegsetzen. In jedem Fall ist eine eingehende Prüfung notwendig, die immer auch die Auswirkungen auf den regionalen und umliegenden Verkehr berücksichtigt.

    • Keine verkehrseinschränkenden Maßnahmen
    • Keine Verringerung des Straßenquerschnitts
    • Optimierung des Verkehrsflusses („Grüne Welle“)
    • Geschwindigkeit in der Regel >= 50 km/h
    • Klare Trennung von Kfz- und nicht motorisierten Verkehr

 

Das durch Wien führende Autobahn- und Schnellstraßennetz liegt grundsätzlich in der Verwaltungshoheit des Bundes – wird aber zum Lebensnetz (Kategorie 1) hinzugezählt, da es von hoher Bedeutung für Einpendler sowie den Transitverkehr ist. Als essenzielles und noch fehlendes Puzzlestück ist zudem der noch zu errichtende Lückenschluss des Regionenringes mit Lobautunnel sowie die Spange Seestadt Aspern / Stadtstraße anzuführen.

  • Aufrechterhaltung der aktuellen Funktion und Kapazitäten zur Bündelung der Verkehrsströme
  • Gewährleistung der Befahr- und Erreichbarkeit in beide Fahrtrichtungen
  • Geschwindigkeit in der Regel >= 30 km/h
  • Sammel- und Zubringerfunktion des Verkehrs zu Straßen der Kategorie 1

 

Wie wir den Radverkehr stärken, bündeln und schneller machen – in der Stadt und Richtung Umland

Das Wiener Radverkehrsnetz gliedert sich in drei Ebenen: Basisrouten, Grundnetz und erweitertes Grundnetz. Zusätzlich zum Hauptnetz kommt noch ein sogenanntes Erschließungsnetz, welches lediglich die Funktion als Zubringer einnimmt (bspw. Radfahren gegen die Einbahn).

Vor einigen Jahren hat sich die Stadt Wien dazu bekannt, hochwertige Qualitätsstandards auf bestimmten Radrouten zu implementieren und daraus so genannte Radschnellwege zu machen. Bereits im rot-grünen Wiener Regierungsübereinkommen von 2010 wurde als eine wesentliche Zielsetzung für die weitere Förderung des Radverkehrs die „Errichtung von großzügigen Radverkehrskorridoren mit besonderer Qualität“ festgelegt. Die Stadt Wien hat im September 2014 erste Pläne zu drei Korridoren (Nord, West, Süd) für die geplanten Wiener „Rad-Langstrecken“ präsentiert. Mit der Route „Süd“ – von Leopoldsdorf über Favoriten bis zum Schwarzenbergplatz – wurde bislang jedoch nur der erste Radschnellweg nahezu vollständig umgesetzt.

Derartige Infrastruktur hat großes Potential, den Umstieg vom motorisierten Individualverkehr oder vom öffentlichen Verkehr auf Fahrrad oder E-Bike zu erleichtern. Der ÖAMTC begrüßt diesen Ansatz. Gerade für das städtische Umland oder für stadtdurchquerende Verbindungen sind Radschnellwege attraktiv. Aber: Je dichter das Gebiet be- bzw. verbaut ist, desto schwieriger lassen sich hochwertige Radverbindungen jedoch realisieren und umso größer sind die Nutzungskonflikte. Neben dem Lebensnetz des Wiener Straßenverkehrs, das auch mehr Raum für Radverkehr eröffnet, schafft ein eigenes Hauptnetz für den Radverkehr leistungsfähige Routen für den gebündelten, schnellen Verkehr per Rad und E-Bike.

Bei der Schaffung von neuer Radinfrastruktur soll nicht der Verteilungskampf um begrenzte Raumressourcen in den Vordergrund gerückt werden, sondern, wenn notwendig und möglich, in Flaschenhals-Situationen zusätzliche Infrastruktur in Form kreativer Architektur geschaffen werden. Der Ausbau von Radinfrastruktur muss nicht Parkplätze kosten. Geeigneter Ersatz ist von vornherein mitzuplanen. Vorhergehende Untersuchungen bezüglich der Stellplatzauslastung im öffentlichen Raum auf Grätzl-Ebene sollen dabei die Basis bilden.

Radverbindungen mit hoher Qualität können nicht ohne sorgfältige Planung umgesetzt werden. Den Radverkehr zu fördern kann und soll nicht auf Kosten anderer Verkehrsteilnehmer erfolgen. Das „Radverkehrs-Lebensnetz“ soll daher Korridore festlegen innerhalb derer der Radverkehr gebündelt und beschleunigt werden soll. Innerhalb dieser Korridore sollen detaillierte Planungen die bestmögliche Variante festlegen. Dadurch sollen sowohl die Verbindungen in die Stadtrandlagen sowie nach Niederösterreich (samt Anschluss an weiterführendes NÖ-Radwegenetz) gewährleistet als auch wichtige innerstädtische Querverbindungen aufgewertet werden.

Ein wesentlicher Fokus bei Radschnellverbindungen liegt auf den Pendlerverkehr. Hohe Durchschnittsgeschwindigkeiten und möglichst direkte Verbindungen erhöhen die Bereitschaft bestimmte Streckenlängen mit dem Fahrrad zu pendeln. Bei einer anzustrebenden Durchschnittsgeschwindigkeit von zumindest 20 km/h und einer Bereitschaft zum Pendeln von 30 bis zu 45 Minuten, ist eine maximale Länge von 10 bei 15 Kilometern anzustreben. E-Bikes können den Einsatzradius erhöhen. Bereits vorliegende Erkenntnisse zeigen jedoch, dass sich Radschnellwege vor allem in ausreichend dicht besiedelten Regionen lohnen und ihr vorrangiges Einsatzgebiet vor allem die Bündelung des Radverkehrs zwischen Peripherie und Zentrum ist.

Das Lebensnetz braucht Verbindungen mit hoher Qualität, um eine Attraktivierung des Radverkehrs – insbesondere für längere Distanzen – zu generieren. Die Basis hierfür ist ein engmaschiges Erschließungsnetz. Innerhalb dessen können Radfahrende im Mischverkehr geführt werden. Gegebenenfalls können weitere verkehrstechnische Maßnahmen zur Attraktivierung des Lebensnetzes überlegt werden.

Wie beim Straßenverkehrs-Lebensnetz soll die Sammel- und Durchleitfunktion des Radverkehrs unterstützt werden sowie Pendlern aus Stadtrandlagen eine Alternative zu MIV und ÖV bieten. Ziel ist es den Radverkehr auf wichtige Achsen zu bündeln und die Reisezeiten gering zu halten, deutliche Komfortsteigerungen zum übrigen Radverkehrsnetz zu generieren sowie die Verkehrssicherheit zu erhöhen.

Es sollen Fahrgeschwindigkeiten von 20 bis 25 km/h gefahrlos erreicht werden können. Dafür braucht es hohe Qualitätsstandards in der Linienführung, Ausgestaltung, Netzverknüpfung und Ausstattung, wie bspw.

  • weitgehend störungsfreie Führung über Knotenpunkte (z.B. Über- oder Unterführungen)
  • komfortable, breite Radfahranlagen
  • Trennung vom Fußgängerverkehr
  • Führung abseits stark befahrener Straßen oder baulich getrennte Führung
  • Vermeidung von Engstellen und unübersichtlichen (Kreuzungs-) Bereichen
  • Vorhandensein von wichtigen Quell-Ziel-Beziehungen
  • durchgängige Verbindung auf Strecken von zumindest mehr als 5 km.

 

Für Radfahrende soll im dicht verbauten städtischen Bereich die Möglichkeit bestehen, innerhalb von rund 1.000 m eine qualitative Radwegverbindung nützen zu können. Zudem gehören zu einem attraktiven Rad-Lebensnetz sowohl ausreichend Service-Punkte als auch gesicherte Abstellanlagen.

Das ÖAMTC-Radverkehrslebensnetz umfasst 23 Routen, die teilweise schon bestehen, teilweise aber noch zu realisieren sind. 13 Korridore führen dabei ins Umland, zehn Korridore sollen innerstädtische (Quer-) Verbindungen aufwerten.

Die definierten Korridore sollen dabei die wesentlichen Routen des innerstädtischen sowie ein- und auspendelnden Radverkehrs abdecken. Einzelne Abschnitte sind bereits von hoher Qualität, andere noch gänzlich ohne Radinfrastruktur ausgestattet. Ein anzustrebendes Ausbaukonzept samt Setzung notwendiger Begleitmaßnahmen ist daher unter Einbeziehung aller relevanten Stakeholder in Angriff zu nehmen.

  • Korridor Langenzersdorf: Am Spitz – Langenzersdorf
  • Korridor Stammersdorf: Friedensbrücke – Floridsdorfer Brücke – Floridsdorf –Stammersdorf
  • Korridor Gerasdorf: Urania – Praterstern – Donauinsel – Wagramer Straße – Gerasdorf
  • Korridor Raasdorf: Stadlau – Hirschstetten – Seestadt Aspern – Essling – Raasdorf
  • Korridor Groß-Enzersdorf: Praterstern – Prater – Stadlau – Aspern – Groß Enzersdorf
  • Korridor Schwechat: Wien Mitte – Landstraße – Am Kanal – Zentralfriedhof – Schwechat
  • Korridor Leopoldsdorf: Karlsplatz – Favoriten – Laaer Berg – Leopoldsdorf
  • Korridor Vösendorf: Wien Hauptbahnhof – Favoriten – Erholungsgebiet Wienerberg – Inzersdorf – Vösendorf
  • Korridor Brunn/Gebirge: Schönbrunn – Atzgersdorf – Liesing – Brunn/Gebirge
  • Korridor Perchtoldsdorf: Wiental – Meidling – Atzgersdorf – Perchtoldsdorf
  • Korridor Purkersdorf: Oper – Wiental – Wien Auhof
  • Korridor Wienerwald: Schottentor – Hernals – Dornbach
  • Korridor Klosterneuburg: Wien Schwedenplatz – Donaukanal – Donauuferradweg – Klosterneuburg
  • Korridor Ring-Radweg: gesamte Länge
  • Korridor Gürtel-Radweg: gesamte Länge
  • Korridor Donaukanal: gesamte Länge sowie Anschluss an Korridor Schwechat
  • Korridor Donaukanal: gesamte Länge
  • Korridor Westbahnachse: Museumsquartier – Neubau – Westbahnhof – Penzing
  • Korridor Liesingbach: Rodaun – Liesing – Inzersdorf – Rothneusiedl – Oberlaa – Schwechat
  • Korridor Donaufeld: Floridsdorf – Donaufeld – Kagran – Donaustadt/Stadlau
  • Korridor „Wienerbergtangente“: Laaer Berg – Verteilerkreis – Wienerberg – Meidling – Hetzendorf
  • Korridor „Vorortelinie“: Spittelau – Vorortelinie – Schönbrunn
  • Korridor Donaulände/Handelskai: Spittelau – Handelskai – Albener Hafen

Wo Wien mehr Öffis braucht

Mehr U-Bahn und S-Bahn sind ebenso wichtig, wie mehr P&R-Anlagen an den Haupteinfallsrouten und mehr intermodale Schnittstellen. Mobilitäts- und Stadtplanung müssen Hand in Hand gehen – über Landesgrenzen hinweg.

Die Stadt Wien verfügt über ein ausgedehntes Öffentliches Verkehrsnetz (ÖV) mit leistungsfähigen Hauptrouten in Form von U-Bahn und S-Bahn-Strecken, welche wichtige Verkehrsknotenpunkte verbinden sowie dicht besiedeltes Gebiet erschließen. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von Straßenbahn- und Bus-Routen zur Bedienung von Gebieten mit dünnerer Bebauungsstruktur.

Allerdings weist das Öffi-Netz in einzelnen Bereichen Lücken auf. Zudem kommt es auf einigen Linien zur Stoßzeit bereits zu Kapazitätsengpässen. In Anbetracht der Tatsache, dass Wien und das Umland von Jahr zu Jahr wächst und damit die Zahl der Einpendler steigt, ist weiterhin mit steigender Nachfrage zu rechnen. Um das Öffi-Angebot langfristig attraktiv zu gestalten, ist proaktiv am Ausbau des Netzes zu arbeiten.

Dieser Ausbau muss auch die Stadtrandgebiete und das Umland miteinbeziehen. Für Pendler und Bewohner am Stadtrand bestehen nach wie vor zu wenige attraktive Angebote für den Umstieg vom Pkw auf die Öffis. Innerhalb Wiens herrscht Aufholbedarf in den Bereichen Auhof, Dornbach/Hernals, Floridsdorf, dem Nordosten der Donaustadt sowie im Süden von Favoriten. Dazu kommen noch Stadtentwicklungsgebiete, die derzeit nicht im Einzugsbereich der hochrangigen ÖV-Linien liegen.

Mehr als 450.000 Personen überqueren täglich mit dem Pkw die Stadtgrenze

Die Kordonerhebung (Quelle: PGO, Kordonerhebung 2016) zeigt, dass über 600.000 Personen jeden Werktag als Pendler oder Besucher die Wiener Stadtgrenze überqueren – drei Viertel machen dies mit dem Pkw. Es besteht also ein deutliches Missverhältnis zwischen MIV und ÖV. Sowohl im Süden (Mödling, Bruck/Leitha), als auch im Norden (Stockerau) gibt es mit Blick auf Modal Split und P&R-Kapazitäten erheblichen Handlungsbedarf.

Durch die Schaffung eines S-Bahn-Rings kann die bestehende Stammstrecke (Bahnhof Wien Meidling bis Bahnhof Wien Floridsdorf) entlastet werden und für Pendler eine weitere attraktive Direkt-Verbindung ohne Umsteigen ermöglicht werden.
Diese Ringverbindung soll die bestehende Vorortelinie (S-Bahn Linie S45) über den Handelskai mit Umsteigemöglichkeit in die U-Bahn Linien U1 und U2 mit der Laaer Ostbahn verbunden werden. Nach einer weiteren Umsteigemöglichkeit in Simmering in die U3, bietet sich eine Weiterführung über den Hauptbahnhof und den Matzleinsdorfer Platz auf bestehenden Gleisanlagen der Verbindungsbahn vom Bahnhof Wien Meidling zurück zum Bahnhof Wien Hütteldorf an.

Um dies umsetzen zu können, müssen mehrere Abschnitte für den Personenverkehr aktiviert werden.

  • U1 an den Stadtrand bis nach Rothneusiedl:
    Diese U-Bahnverlängerung war vor rund 15 Jahren angedacht – wurde jedoch (vorerst) verworfen und die U1 bis Oberlaa geführt. Eine entsprechende Vorkehrung für eine Führung nach Rothneusiedl ist jedoch vorgesehen. Auf Grund der hohen Zahl an Pendlern aus dem Süden braucht es dringend eine Verlängerung der U1 bis ins Stadterweiterungsgebiet Rothneusiedl und einer P&R-Anlage, um diesen Pendlern eine attraktive Umsteigemöglichkeit zu bieten.

 

  • U2 über den Wienerberg hinaus an den Stadtrand:
    Die aktuellen Pläne der Stadt sehen einen Ausbau der U2 in einer ersten Phase bis zum Matzleinsdorfer Platz und in einer zweiten Phase bis zum Wienerberg vor. Eine weitere Verlängerung Richtung Süden nach Inzersdorf ist langfristig notwendig, da es für Pendler aus dem Süden kaum Möglichkeiten zum Umstieg auf den ÖV gibt.

 

  • U5 Richtung Süden:
    Ursprünglich wurden Variantenuntersuchungen einer Verlängerung der U5 nach Süden präsentiert. Diese wurden jedoch nicht mehr weiterverfolgt. Dabei stellt diese Verlängerung eine wichtige Anbindung der Gebiete um den Rennweg, des Eurogate-Areals sowie des Arsenals dar. Zudem kann ein Anschluss an den Hauptbahnhof eine neue, wichtige Umsteigemöglichkeit bieten.

 

  • U5 nach Dornbach:
    Die aktuellen Pläne sehen einen Ausbau der U5 Richtung Norden bis zum Alten AKH sowie in weiterer Folge bis zum Elterleinplatz vor. Eine Verlängerung bis zumindest zur Vorortelinie (S45) fehlt hierbei jedoch. Durch die Erweiterung nach Hernals würde eine leistungsfähige Verbindung zur Vorortelinie entstehen.

 

Zudem müssen detaillierte Machbarkeitsvarianten hinsichtlich weiterer Verlängerungen nach

  • Kaiserebersdorf bzw. Schwechat (U3),
  • nach Auhof (U4) sowie
  • nach Strebersdorf (U6)

geprüft werden. Alle drei Verlängerungen wären zudem notwendig, um ein attraktives P&R-Angebot am Stadtrand schaffen zu können.

Von den rund 130.000 Pkw-Pendlerfahrten täglich, können aktuell nur 5% durch P&R-Stellplätze abgedeckt werden. Für eine (theoretische) Erhöhung der Abdeckung von 5% auf 15% wären bereits rund 20.000 zusätzliche Stellplätze notwendig.
Die neu zu schaffenden Endpunkten (U1, U2) würden sich als idealer Standort für P&R-Anlagen mit guter Anbindung an das hochrangige Straßennetz und den ÖV anbieten. Zusätzlich können an den bestehenden U-Bahnlinien U4 (Heiligenstadt) und U2 (Aspern) weitere P&R-Anlagen errichtet bzw. erweitert werden.

Im Zuge des Baus der S1 „Spange Seestadt Aspern“ (bzw. Stadtstraße genannt) ist die Errichtung einer P&R-Anlage an der Schnittstelle zur U2 im Bereich zwischen Hausfeldstraße und Aspern Nord günstig. An diesem Punkt könnten Pendler aus dem Nordosten (Kordone Gänserndorf, Marchegg) sowohl auf U-Bahn als auch S-Bahn umsteigen.

In Kombination mit einer flächendeckenden Kurzparkzonenregelung würde die Errichtung von neuen P&R-Anlagen dazu führen, dass Pendler verstärkt die Anlagen nützen und somit mehr Platz für Anrainer bereitsteht.

Gerade am Stadtrand besteht hohes Potential, Binnenpendler per Fahrrad zum ÖV zu führen. Dem Thema E-Bike (versperrbare Boxen, Lademöglichkeiten, etc.) muss hier ein verstärktes Augenmerk geschenkt werden. Der Trend wird auch im städtischen Bereich Einzug halten. Dafür bedarf es aber auch begleitender, infrastruktureller Maßnahmen (siehe Lebensnetz Radverkehr).

Die stetig wachsenden Bezirke nördlich der Donau (Floridsdorf und Donaustadt) beherbergen gemeinsam mehr als 363.000 Einwohner. Bis zum Jahr 2030 wird von einem Bevölkerungszuwachs von rund 22.000 Personen ausgegangen. Die Bezirke sind zwar an drei U-Bahn-Linien und an die S-Bahn angebunden, allerdings besteht keine leistungsfähige Querverbindung innerhalb der Bezirksteile bzw. von Randlagen in die Bezirkszentren.

Eine weitere wichtige Querverbindung fehlt aktuell im Bereich des Wienerbergs. Die Stadt Wien hat sich bereits vor Jahren zur „Wienerbergtangente“ bekannt. Der ÖAMTC unterstützt dieses Vorhaben. Zusätzlich erscheint auch eine Anbindung der Wohngebiete des Laaer Bergs als dringend notwendig.